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Gegen Kälte und giftige Quallen
Beim ersten Expeditionsrennen der Saison unterstützte Jörg Schneider vom deutschen Adventure-Team Montrail Leppin das englische Team Duck beim Wilderness ARC in Fort William,
Schottland über 380 km und 16.000 Höhenmeter. 20 der 29 gestarteten Teams mussten das Rennen vorzeitig beenden, da alle Team-Mitglieder an ernstzunehmenden Unterkühlungen
litten. Jörg berichtet für funsporting.de:
Nach der Ankunft in Ft. William, der „Outdoor Capital“ des
britischen Königreiches, machten wir es uns gleich gemütlich im „Aztec Village“, dem Athletendorf. Der Samstag ging vorbei mit dem Sichten und organisieren der Ausrüstung, packen und wieder packen,
Ausrüstungs-Check und „Skill-Test“. Am Nachmittag schauten wir uns das Städtchen ein wenig an, kauften mehr Essen ein und gönnten uns den einen oder anderen Kaffee. Dann war es Zeit für
die Parade durch die Stadt mit anschließendem Prolog. Das war ein wunderbar organisiertes Mini-Adventure Race und wir genossen jede Minute. Nur ein Team schaffte es, alle Checkpoints (CPs) in der
vorgegebenen Zeit zu erreichen und ohne Zeitstrafe ins Rennen zu gehen (Rogaining-Stil). Wir kamen mit 16 Minuten noch ganz ordentlich davon und konnten noch einmal gut schlafen.
Am Sonntag war der große Tag des Renn-Briefings. Die Team-Boxen wurden gesichtet und verschlossen, die Karten laminiert (was sich als
extrem wichtig erweisen sollte). Und schließlich war auch noch Zeit für einen weiteren Kaffee in dem sehr netten Café mit der hübschen tschechischen Bedienung.
Der Montag kam und es wurde
ein wenig hektischer. Dunkle Wolken hingen wie üblich auf 600 Metern und verdeckten den Blick auf Ben Nevis, den höchsten Berg Großbritaniens. Um acht Uhr dann der langersehnte Start. Lauf zu den
Kayaks und diese zu Wasser lassen. Just als die Flotte der bunten Kayaks in See stach, besserte sich das Wetter und wir konnten fünf Stunden in der Sonne
paddeln – zuerst mit und dann gegen die auslaufende Tide. Zwei Mitglieder jedes Teams mussten die 13°C kalten Fluten des Loch Leven durchschwimmen. Dank meiner Schwimmbrille konnte ich rechtzeitig
drei Quallen entdecken und umschwimmen. Andere Teams kamen nicht so glimpflich davon – Mitglieder wurden erwischt und die allergischen Reaktionen zwangen sie zum aufgeben.
Auf dem anschließenden
Aufstieg zum berühmten Aonach Eagach-Grat konnten wir uns wieder etwas aufwärmen, nur um bei der folgenden Canyoning-Etappe wieder heruntergekühlt zu werden. Hier lagen wir nach verhaltener Kayak-Etappe
bereits auf Platz 15, als wir zwei Stunden durch „anstehen“ an diversen spektakulären Seilaktivitäten verloren. Der Aufstieg zum nächsten Grat (Bidean nam Bian) verlief bereits in der
Nacht und das Wetter änderte sich rapide. Aus dem schönen trockenen und warmen Tag wurde die Hölle einer Nacht. Selbst Gore-Tex & Co. halfen nichts bei Windgeschwindigkeiten von bis zu 145
km/h und extremem Dauerregen. Wie ein Mitbewerber bemerkte: „Es fühlte sich an, als ob man nackt dastünde und dem Wind trotzen müsste.“ Durch die Nacht versuchten die meisten Teams nur noch auf
der Höhe des Grates bei gefühlten -11°C (Windchill) zu überleben. In den Morgenstunden des Dienstags gaben dann 20 von 29 gestarteten Teams wegen extremen Unterkühlungen auf.
Rob Howard, der Erfinder und Betreiber des weltweit bekanntesten Adventure Racing-Forums im Internet (www.sleepmonsters.com mit
dem deutschen Ablegen www.sleepmonsters.de) formulierte es folgendermaßen: „Welch ein Rennen das Wilderness ARC war! Die
Teams durften am ersten Tag die wunderbare Landschaft der schottischen Highlands von ihrer besten Seite sehen und fanden sich in der Nacht in einem Überlebenskampf mit 90-Meilen-pro
-Stunde-Sturm und unvorstellbarem Regen wieder. Der verrückte Sturm zwang die meisten Teams zur Aufgabe, aber die Antwort der Organisatoren war hervorragend indem sie vielen
Teams ermöglichten, wieder auf die Strecke zu gehen und weiter zu machen.“
Der Organisator Phil Humphreys und sein Rennkurs-Designer Gary Tompsett reagierten perfekt auf die außerordentlichen Umstände. Anders als bei der WM in Patagonien letztes Jahr, wo viele Teams
frustriert das Rennen nicht fortsetzen durften, ließen sie neue Teams bilden und an zwei designierten Tas wieder das Rennen (außer Konkurrenz) aufnehmen.
So gingen dann auch Greg und ich mit Robyn aus dem Team Outsider.ie wieder auf die Strecke und genossen den Rest des fabelhaften Kurses bis zum Ziel. Insgesamt kamen nur sieben Teams ins Ziel, alle
aus Regionen mit ähnlichen Wetterbedingungen. Wie mir ein Mitglied des irischen Teams, mit dem wir zusammen durch die Nacht zum Ziel paddelten anvertraute. „Wir sind das gewohnt. Zuhause regnet es
auch die ganze Zeit, es ist windig und kalt. Ganz normal!“
Adventure Racing Bei sogenannten Adventure Races gehen Teams von zwei, drei oder
vier Mitgliedern gemeinsam an den Start und beenden das gesamte Rennen auch zusammen. Es handelt sich also nicht um eine Staffel – alle müssen alle Disziplinen gemeinsam bestehen. Üblicherweise
bestehen Wettkämpfe aus den Disziplinen Laufen (Trailrunning), Radfahren (MTB), Seilaktivitäten (Abseilen etc.), Wasseraktivitäten (Kanu, Kayak, Floss, etc.), Inline Skating und insbesondere als
Grundlage immer das Navigieren durch den gesamten Kurs. Zwischen dem Start und dem Ziel liegen in der Regel zwischen 100 und 700 Kilometer Renn-Distanz und zwischen einem und sieben Tagen
Dauerbelastung. Die Teams tragen in einem Rucksack alle notwendigen Utensilien mit sich.
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